KRIEG


Mein Vater hält mich an der Hand und wir laufen. Wir laufen so schnell wir können. 

Wenn ich nicht mehr kann, nimmt er mich auf den Arm.


Alles riecht verbrannt. Alles ist zerstört.  Nur Schutt und Asche, wo Häuser waren.

Wir hören Bombeneinschläge.  Der Himmel hat eine Farbe, die ich nie vorher sah. Auch alle anderen Menschen laufen. Die Angst und die Verzweiflung sind spürbar. Sie weinen und manche schreien. Es macht mir Angst.


"Es ist Krieg"  hat er gesagt und "wir müssen Schutz suchen, uns verstecken, unser Leben  retten".


Ich frage nicht, warum das so ist. Was hat sich plötzlich geändert. Meine Welt war in Ordnung und ist es nicht mehr.


Irgendwann finden wir einen Keller. Das Haus ist zerbombt, aber Teile des Kellers

stehen noch da.




Wir gehen hinein und finden noch einen weiteren Raum, der nicht zerstört ist. Hier setzen wir uns in einer Ecke auf den Boden und halten uns ganz fest.  Es ist dunkel hier drinnen. Nur in Richtung Türöffnung fällt etwas Licht herein.


Ich habe tausend Fragen, aber ich soll ganz still sein. Immer wieder legt mein Vater den Zeigefinger auf die Lippen.


Ich beobachte eine Spinne. Sie webt ihr Netz unermüdlich. Nach Stunden hat sie eine erstaunliche Netzkonstruktion in den ehemaligen Türrahmen gesponnen. Durch das von außen einfallende Licht sieht das wunderschön aus.


Plötzlich hören wir Geräusche. Männer sind draußen vor dem Keller. Sie sprechen  miteinander. Man hört auch ihre schweren Stiefel. Sie werden uns finden. Und was dann? Mein Herz klopft so arg.

Dann sagt einer: "Da ist niemand mehr drin, da ist ja schon ein Spinnennetz in der Tür."

Ich wache auf, heftig atmend und schweißgebadet, völlig desorientiert.


Es war nur ein Traum.

Ich beruhige mich nur langsam.


Diesen Traum hatte ich über viele Jahre immer wieder. Er verfolgt mich, wenn Menschen ihre Kriegserlebnisse schildern, wenn auf der Welt irgendwo ein Krieg tobt,  der Frieden bedroht ist und Menschen dabei sterben.


Ich habe nie einen Krieg erlebt.

Dankbar.

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